Tag 60
– Ohora Hut über Waikare Junction Hut zur Hanamahiri Hut – 21 km –
An einem sonnigen und warmen Tag auf einem anspruchsvollen Track unterwegs.
Das war so richtig Backcountry. Gestern habe ich mich noch gefragt, warum ich mir das antue. Heute bei wesentlich besserem Wetter schaut’s doch ganz anders aus. Die Hütte hatte ich für mich alleine und habe auch sehr gut geschlafen. Aufgestanden bin ich dann schon als es hell wurde. Meine Sachen mitsamt Zelt fühlen sich trocken an. Ausnahme sind die Schuhe. Die zeigen jetzt die ersten Auflösungserscheinungen. Zweiter Schnürsenkel gerissen und Loch im linken Schuh. Hoffentlich kann das in Taupo noch jemand einigermaßen richten, damit die bis Wellington halten. Bin schon enttäuscht, dass bereits jetzt die Schuhe Probleme bereiten.
Nach dem Frühstück habe ich alles zusammengepackt und mich auf den Weg gemacht. Der Rucksack ist immer noch wahnsinnig schwer, ich muss mehr essen. Aber es wird sicher auch die Zeit kommen, in der ich mir einen schwereren Rucksack wünsche. Ich habe mir für heute vorgenommen, wenigstens bis zur Waikare Junction Hut zu kommen. Die Zeitangabe an der Ohora Hut war mit 3 bis 5 Stunden, allerdings bis zur Swingbridge angegeben. Die Zeiten müssen aber aus einer anderen Zeit stammen, in der der Track noch besser gepflegt wurde. Ich habe bis zur Hütte ungefähr 4 Stunden gebraucht.
Der Weg war teilweise sehr schwer zu finden, besonders an Lichtungen. Auf den Lichtungen gab es keinerlei Markierungen, jedoch aber leider viele Trampelpfade. Ich bin überrascht, dass es hier immer noch einzelne Häuser gibt und sogar an einem Versammlungshaus der Maori bin ich vorbei gekommen. Allerdings habe ich gestern noch zwei 4WD Trucks gesehen.
Wer meint, an einem Fluss entlang zu laufen ist einfach, der ist hier getäuscht und sollte einmal diesen Track laufen. Ständig geht es bergauf, Bäche überqueren und wieder runter. Dazu teilweise mit sehr schlecht erkennbarem Weg. Eine Passage hat heute gar keinen Spaß gemacht, da habe ich mir mein Lieblingsshirt endgültig ruiniert. Heute musste ich sehr häufig durch Stauden mit Dornen laufen, da habe ich mir die Löcher reingerissen. Zu allem Überfluss auch noch Füsse und Arme zerkratzt, sogar Blut ist geflossen. Die Stauden werden hier übrigens mit Brandrodung vernichtet. Ich habe da was drüber gelesen und muss noch schauen wie die Dinger heißen. Die hasse ich!
Nach einer etwas längeren Rast an der Waikare Junction Hut bin ich zum zweiten Tagesabschnitt aufgebrochen. Anfangs habe ich den Weg wieder mal nicht gefunden, aber nach einer guten halben Stunde bin ich dann zu der angeblich nicht vorhandenen Swingbridge gekommen. Schaut zwar ein bisschen mitgenommen aus, aber man hätte schon drüber gehen können. Ich bin trotzdem direkt durch den Fluss. War Niedrigwasser, kein Problem. Flussquerungen sollte man allerdings nicht unterschätzen, besonders nach langen Regenfällen.
Der nächste Abschnitt hatte es in sich! Der Track ging mal bergauf, dann wieder bergab, teilweise war es sehr steil und ich musste wahnsinnig aufpassen, dass ich nicht abrutsche. Und zwischendurch lag immer wieder ein Baum im Weg. Dort habe ich mir nochmals etliche Kratzer und Schürfwunden zugezogen. Zum Abschluss folgte noch ein steiler Anstieg über 200 Höhenmeter, hört sich nicht nach viel an, aber nach einem anstrengenden Tag geht’s dann doch an die Substanz. Kaum oben, ging’s auch wieder runter, zum Glück nicht so steil wie der Aufstieg. Zum Schluss noch über eine Swingbridge und rein in die Hütte.
Ich habe heute tagsüber viel zu wenig getrunken, das werde ich jetzt nachholen. Meine Wunden habe ich noch versorgt und nun werde ich mich für geistiges und körperliches Wohlbefinden kümmern.