Tag 85
– Waipawa Forks Hut zur Howletts Hut – 20 km –
An einem warmen und sehr sonnigen Tag mit sehr vielen Höhenmetern dem Tagesziel entgegen.
Ich denke, dass dies heute mit Abstand der anstrengendste Tag war. Zwar „nur 20 km“, aber ich vermute, es waren mindestens ca. 1500 Höhenmeter, das ganze kein Track sondern eine Route, und für die Strecke habe ich knapp 12 Stunden benötigt. Bei schlechtem Wetter oder schlechter Sicht wäre es für mich unmöglich gewesen. Aber ich darf nicht klagen, bestes Wetter, Sonne den ganzen Tag und nachmittags zur Abkühlung etwas Wind.
Auch nach dem Alkoholgenuss am Vortag bin ich ungefähr zur selben Zeit wie immer aufgewacht. Auch Fiona und Anthony sind zur gleichen Zeit wie ich aufgestanden. Nach dem gemeinsamen Frühstück sind wir 3 aufgebrochen. Fiona und Anthony flussabwärts zum Parkplatz und ich flussaufwärts Richtung Waipawa Saddle. Nach dem Abschied von den beiden mit den besten Wünschen habe ich mich auf den Weg gemacht.
Anfangs führte mich, eigentlich kann ich nicht Weg oder Track sagen, die Route im relativ breiten Flusslauf stromaufwärts. Durch die Breite des Tales kann man schon sehen, welche Wassermassen bei stärkerem oder längerem Regen hier abfließen. Das Laufen im Flussbett ist ganz schön anstrengend und den Fluss habe ich öfter überqueren müssen. Zum Glück war kein Hochwasser. Je weiter ich nach oben kam, desto steiler wurde es. Zum allerletzten steilen Anstieg führte dann so was ähnliches wie ein Track, jedenfalls war ein Pfad ganz gut sichtbar. Am Sattel angekommen, hatte ich bereits etliche Höhenmeter geschafft und musste schon die erste kurze Rast einlegen.
Die Route sollte mich dann über die Broken Ridge, Sawtooth Ridge und teilweise die Daphne Ridge führen. Etliche Gipfel waren auf dem Weg. Die Three Johns habe ich noch links liegen gelassen, die restlichen habe ich alle erwandert. In folgender Reihenfolge: Rangioteatua (1704m), A6G4 (1715m), Paemutu (1682m), Ohuinga (1685m) und zum Schluss den Tiraha (1668m). Alle nicht sonderlich hoch, aber die Tour war eine riesige Herausforderung für mich.
Am A6G4 habe ich bereits meine zweite Pause einlegen müssen. Das weglose Gelände war eine riesige Herausforderung für mich. Es waren zwar immer wieder Pfade zu erkennen, aber die Trittspuren waren eben nicht immer sichtbar. Ich hatte hier bereits das Gefühl, dass ich nicht sehr gut in der Zeit liege. Das warme und sonnige Wetter machte mir auch zu schaffen. Ich habe mir wahnsinnig Sorgen um meinen Wasservorrat (hatte zwei Liter dabei) gemacht, nicht unbegründet. Denn oben auf der Ridge gibt es kein Wasser, nur vereinzelt einen Tarn.
Beim Aufstieg zum Paemutu habe ich mich etwas ungeschickt angestellt und meinen Schädel am Fels aufschlagen lassen. Ich musste eine Kuppe umrunden und etwas absteigen. Das war aber nicht sonderlich leicht. Fels brüchig. Also habe ich meine Stöcke runter geworfen und wollte ganz klassisch absteigen, habe aber das Gewicht von meinem Rucksack nicht berücksichtigt, der bei dem schnellen Abstieg gegen meinen Rücken drückte und meinen Schädel dann natürlich gegen den Felsen. Zum Glück konnte ich mich festhalten, aber weit wäre ich nicht mehr gefallen. Der Schädel brummte erstmal für eine kurze Zeit.
Es gab aber auch immer wieder Passagen, die sehr gut zu laufen waren. Die Broken Ridge zum Beispiel, es war zwar anspruchsvoll und ging auch hier immer wieder rauf und runter. Aber einfach schön. Und hier beim Abstieg war es dann so weit. Das Wasser war aus. Ich habe von oben einen Tarn gesehen, wäre aber nur eine Notlösung gewesen, stehendes Gewässer ist nicht sonderlich ideal. Aber ich hatte mal wieder Glück im Unglück. Ich fand eine kleine Quelle etwas unterhalb meines Rastplatzes. Es dauerte zwar eine Ewigkeit, bis ich wieder zwei Liter in meinen Schlauch gefüllt hatte und nun dachte ich das Wasser reicht!
Nach der Rast begann ich meinen Aufstieg zur Sawtooth Ridge. Ich habe vermutet, dass dies der anstrengendste und vielleicht auch der anspruchsvollste Abschnitt der Route war. So war es auch, denn es ging häufig rauf und gleich wieder runter. Vielleicht lag es auch daran, dass ich mit meinen Kräften am absoluten Limit war. Ich musste auch hier in der Mitte der Ridge eine Rast einlegen und war dann ganz froh, dass der Wind zu auffrischen begann. Die Ridge muss ich mir mal aus der Ferne anschauen, ob die wirklich wie Zähne einer Säge aussieht.
Ich war dann ganz glücklich, als ich den letzten Gipfel, den Tiraha, erreicht habe. Hier oben habe ich den schönen Tag noch genossen und versucht, mich von den vorangegangenen Strapazen etwas zu erholen. Von hier war auch die Hütte bereits zu sehen, aber doch noch ca. 2 km Luftlinie entfernt. Es ist dann doch etwas besser gelaufen wie zuerst vermutet und ich war sehr froh, die Hütte erreicht zu haben. Kurz vor der Hütte ist mir das Wasser wieder ausgegangen, ich könnte auch behaupten, es hat genau gereicht. Es war jetzt bereits 19 Uhr und ich hatte keine Lust mehr zu irgendwas.
Aber ich habe noch wahnsinnig Durst gehabt, also erst zwei Becher Wasser mit RARO, danach was zu Essen. Ich habe heute das erste Mal geschafft, zwei Portionen vom Backcountry Meal zu verdrücken. Danach aber noch Schokolade, Kaffee und zum Schluss noch Tee. Ich hatte dann nur ein Problem, ich konnte nicht einschlafen, ich habe heute zu viel Sonne abbekommen oder war es der Kontakt mit dem Fels?
An einem solchen Tag lasse ich die Fotos alle unkommentiert, die sollte jeder für sich selbst genießen, ich für meinen Teil habe den Tag genossen, obwohl es nicht einfach war.